Norman Eberhardt: Vom „Team-to-beat“ sind wir noch ein ganzes Stück entfernt

21. August 2013
Teilen:
Twitter Facebook Google+ Pinterest

Solingens Norman Eberhardt hat den Nordtitel in seinem zweiten Jahr als Headcoach geholt. Gegen die Haar Disciples starten seine Alligators am Samstag in die Play-off-Runde (Foto: Eisenhuth, G.)

Das erste Ziel haben sie in Solingen erreicht: Angetreten mit dem festen WiIlen, den Nordtitel nach drei Jahren wieder einmal in die Klingenstadt zu holen, konnten die Alligators in der regulären Saison Bonn und Paderborn knapp aber sicherlich nicht nur vom Glück begünstigt hinter sich lassen. Baseball-Bundesliga.de sprach mit Solingens Coach Norman Eberhardt über die bevorstehenden Play-offs und die Chancen seines Teams.

Nach einem 15-1-Start gab es am Ende eine Bilanz von 23-5, gut für Platz eins im Norden. Verloren haben die Allis nur gegen Paderborn (2x), Bonn (2x) und den HSV (1x). Sind Sie zufrieden mit den Zahlen?

Norman Eberhardt: Das muss man ein wenig differenziert betrachten. Natürlich bin ich zufrieden und auch ein Stück weit stolz, dass wir diesen Jahr das erste mal seit 2010 wieder den Nordtitel nach Solingen geholt haben. Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, dass das nur gelungen ist weil wir uns einen „Ausrutscher“ weniger geleistet haben als Bonn. Uns ist es nicht gelungen einen unserer Konkurrenten zweimal an einem Spieltag zu schlagen. Natürlich kann man auch sagen, dass es niemandem gelungen ist uns zweimal zu schlagen. So will ich das aber nicht sehen. Um unser Ziel, nämlich das Finale, zu erreichen, müssen wir das schaffen. Also ist auch hier, trotz des Titels, noch Luft nach oben. Das muss uns bewusst sein. Es gibt keinen Grund zur absoluten Zufriedenheit.

Sind die Allis als Nordmeister das „Team-to-beat“ in den Play-offs oder wer ist Ihrer Ansicht nach der Favorit auf den Titel?

Norman Eberhardt: Dafür fehlen uns eben diese „Sweeps“ gegen direkte Konkurrenten. Ich denke, dass wir sicher mit in der Lostrommel sind wenn es um die Vergabe der Plätze fürs Finale geht. Vom „Team to beat“ sind wir aber noch ein ganzes Stück entfernt, wenn wir unsere Leistungen in den großen Spielen zur Bewertung heran ziehen. Wir haben beides gezeigt, Licht und Schatten. Sobald es uns gelingt an einem Spieltag zweimal Licht zu zeigen, sind wir sicher einer der Favoriten. Bis dahin sehe ich hier Regensburg und Heidenheim auf Grund der größeren Erfahrung vorne.

Vor der Saison wurden zahlreiche Spieler verpflichtet und der Kader prominent aufgewertet. Haben sich die Investitionen bis hierhin gelohnt?

Norman Eberhardt: Verpflichtet hört sich immer so hochtrabend an. Weder Stryczek noch Steffens oder Selsemeyer haben hier Verträge unterschrieben. Alle drei wollten in Solingen spielen und wir haben es ihnen ermöglicht in dem wir die Ablösen gezahlt haben, bzw. im Fall Selsemeyer liegen die „Transferrechte“ sogar bei der Familie Selsemeyer selber, will heißen der Spieler war für uns „umsonst“. Und wir dürfen nicht vergessen, dass wir mit Szameitpreuss und den Michalks auch Spieler in Richtung Mainz und Köln abgegeben haben, die auch bei uns Ablösen generiert haben. Im Großen und Ganzen war das für uns ein „Plus-Minus-Null-Geschäft“. Von Investitionen kann hier also nicht die Rede sein. Dennoch sind alle drei ein Gewinn für unsere Mannschaft. Charakterlich haben sich hier alle super integriert und sie haben alle einen großen Anteil daran, dass wir dieses Jahr zwei Spiele weniger verloren haben als letztes. Von daher hat sich die Investition in die Zeit die wir für die Gespräche benötigt haben, um die Jungs von uns zu überzeugen, mehr als gelohnt.

Im Viertelfinale geht es gegen Haar, die ehemalige Mannschaft von Renault und Selsemeyer. Ein Vorteil für die Allis?

Norman Eberhardt: Hier sollten wir selbstbewusst genug sein, um zu sagen „Wir sind Nordmeister, wir werden diese Serie für uns entscheiden.“ Natürlich ist das Spiel für Nick und David sicher ein besonderes. Das thematisieren wir aber nicht besonders. Unser Ziel ist nicht das Viertelfinale. Wir wollen weiter hinaus. Von daher müssen wir hier auch ohne besondere „Scouting Reports“ bestehen. Wir kennen Brian Fields aus den letzten Jahren. Ich denke, das ist für uns die wichtigste Personalie. Und unsere Spiele in Dortmund und in Hamburg haben uns gezeigt, dass man niemals einen Gegener auf die leichte Schulter nehmen sollte. Dann geht der Schuß ganz sicher nach hinten los. Wir werden also gut vorbereitet sein, unabhängig von Nick und David.

Sollte die Hürde Haar genommen wären, stehen im Halbfinale entweder Heidenheim oder Paderborn auf dem Spielplan. Wer wäre Ihnen denn lieber?

Norman Eberhardt: Da wir nicht so gerne weit reisen, würden wir natürlich lieber nach Paderborn als nach Heidenheim fahren. (lacht) Aber wir werden das so nehmen wie es kommt. Wer sich am Ende ’nen schönen Ring über den Finger stülpen will, muss eh‘ alle schlagen. Also lassen wir uns mal überraschen.

In den schweren Abschlusspartien gegen Paderborn und Bonn hat Nick Renault die Mannschaft quasi „Huckepack“ ins Ziel getragen. Sind die Beobachter damit widerlegt, die vor der Saison die Verpflichtung des in Haar im Unfrieden geschiedenen Pitchers mit Zweifel betrachtet hatten?

Norman Eberhardt: Nick hat das Team in einigen Situationen dieses Jahr auf seine Schultern genommen und es zu wichtigen Siegen geführt. Nicht nur er, sondern auch wir als Alligators haben gezeigt, dass mit ihm durchaus eine erfolgreiche Co-Existenz möglich ist. Wenn man mit ihm offen und ehrlich umgeht, zahlt er es einem mit Leitung und Loyalität zurück. Er ist ein erwachsener Mann mitte 30, der seine eigene Meinung vertritt. Ihn kann man nicht so behandeln wie einen 23 jährigen der gerade aus dem College kommt. Das muss man verstehen und respektieren. Wenn man das tut, hat Nick eine ganze Menge zu geben und man kann viel von ihm lernen. Was genau damals in Haar vorgefallen ist, weiß ich nicht. Ich kann nur sagen, dass ich es zu keinem Zeitpunkt bereut habe ihn zu uns gelotst zu haben. Er hat einen sehr großen Anteil an unserem bisherigen Erfolg.

Täuscht der Eindruck, dass sich die Alligators in dieser Spielzeit viel vorgenommen haben, weil es im Hinblick auf die berufliche Situation der Leistungsträger (Hughes, Kantkak, Wulf etc.) womöglich die letzte Saison sein könnte, in der der DM-Titel drin wäre?

Norman Eberhardt: Der Eindruck täuscht absolut. Wir wollen erfolgreicher sein als letztes Jahr. Alles andere wäre humbug. Wenn man sich keine höhren Ziele setzt, wird man sich auch niemals weiterentwickeln. Das wurde in den letzten Jahren nicht so kommuniziert und wir haben ein wenig auf der Stelle getreten. Ich habe noch letztens in einem Interview, das die 11Freunde mit einem Bundesliga-Manager geführt hat, gelesen, dass Spieler niemals das Außerste geben, wenn man ihnen keine vernünftigen Ziele setzt. Sowas ähnliches habe ich damals als ich hier angefangen habe auch unserem Vorstand gesagt. Auch wenn das alles nur Unterbewusst passiert, wenn nicht ein wenig Druck vorhanden ist, fällt das „Versagen“ leichter.

Wie verändern die Best-of-Spielrunden das taktische Handling eines Coaches im Vergleich zur regulären Saison?

Norman Eberhardt: Bei mir nichts. Ich denke eigentlich immer nur daran das Spiel zu gewinnen welches grade gespielt wird. Wenn die Gefahr eines Spiel 5 besteht, muss man sicher etwas auf die Pitcher achten, man will ja dann noch Arme „übrig haben“. Auf der anderen Seite hat 2005 Dominik Wulf unser Spiel 5 im Halbfinale in Regensburg für uns auf dem Hügel gewonnen. Von daher muss man auch mal den Mut zum improvisieren haben.

Kurz vor Ende wurde noch Theon Bourdaniotis geholt, eine Investition für die Play-offs, so hieß es. Viel Spielzeit hat der US-Grieche bisher nicht erhalten. Wann kommt dessen Bewährungsprobe?

Norman Eberhardt: Theon ist uns quasi in den Schoß gefallen. In Paderborn hat er durchaus gezeigt, dass er uns weiterhelfen wird wenn wir ihn brauchen. Danach hat er ein wenig unglücklich agiert und viele Grundbälle produziert die Lücken gefunden haben. Das sieht statistisch schlechter aus als es tatsächlich war. Er wird für uns in den Playoffs noch Gold wert sein. Seine großen Spiele werden noch kommen und er wird sie für uns gewinnen.

Veröffentlicht in: Featured in Slider, Nachgefragt, Solingen Alligators
Veröffentlich von: Matthias Slovig. Matthias Slovig bei kontaktieren