Interview mit Lukas Steinlein von den München-Haar Disciples

01. October 2022
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Seit 2009 spielt Lukas Steinlein für die München-Haar Disciples in der 1. Baseball-Bundesliga (Foto: Iris Drobny, www.drobny.photography)

Lukas Steinlein von den München-Haar Disciples trägt die Nr. 1 nicht nur auf seinem Jersey: Der gebürtige Fürther spielt seit 2009 in der 1. Baseball-Bundesliga – durchgehend in den Diensten der Disciples. Der 31-jährige RHP gehört mit seinen 27 Saves zu den erfolgreichsten Closern in der Bundesliga-Geschichte.

Aber auch im vereinsinternen Ranking ist der Name ‘Steinlein’ kein unbekannter. Mit 31 Wins, 487,1 Innings und 403 Strikeouts hält Lukas die Rekorde bei diesen wichtigen Pitching-Statistiken.

Grund genug für baseball-bundesliga.de Redakteur Marcel Eßers, um mit Lukas Steinlein ein Interview zu führen.

baseball-bundesliga.de: Kannst du bitte kurz den Verlauf deiner Baseball-Karriere beschreiben?

Lukas Steinlein: Ich komme ja ursprünglich aus Fürth. In der Straße, in der ich wohnte, befindet sich vorne eine freie Grundstückfläche auf der sich oft die gleichaltrigen Jugendlichen (10 bis 15 Jahre) aus der Region aufhielten. Auf dem gegenüberliegenden Grundstück ist damals eine Familie eingezogen, die vom Baseball kam. Daraufhin haben wir angefangen auf der freien Fläche Baseball mit Tennisbällen zu spielen. Irgendwann traten wir den Fürth Pirates bei. Das war so gegen 2000 oder 2001. Das Herrenteam spielte zu diesem Zeitpunkt – nach meiner Erinnerung – in der 2. oder sogar 1. Bundesliga. Mein Aufstieg bei den Pirates ging relativ schnell. Irgendwann spielte ich in der Bayern-Auswahl. Nach den Jugend- und Junioren-Teams wechselte ich in die 2. Herren und spielte mit 15 Jahren bereits in der Regionalliga. Mit dem Abstieg der 1. Herren in 2006 ist der Verein etwas zerfallen. Neben finanziellen Baustellen haben viele National- und Top-Herrenspieler die Pirates verlassen. Gemeinsam mit meinem Trainer Chris Dresel – der auch Bundesliga-Trainer war – wechselte ich nach Ingolstadt in die 2. Bundesliga und spielte dort zwei Jahre (2007 und 2008). Anschließend bin ich gemeinsam mit Chris zu den Disciples in die 1. Bundesliga gegangen. Seit 2009 spiele ich durchgehend in Haar.

Meine Karriere in der Nationalmannschaft begann 2006 mit der U15-Nationalmannschaft. Wir haben damals in Litauen den B-Pool gewonnen und seitdem spielt das U15-Team im A-Pool. Direkt danach ging es für mich im Junioren-Team weiter. 2009 erreichten wir bei der Europameisterschaft in Bonn den 5. Platz.

Nach meinem Abi bin ich bei der Bundeswehr in die Sportfördergruppe für Baseball gegangen – gemeinsam mit Jan Jakob und Pascal Raab. Dort verbrachte ich ein Jahr, habe am Stützpunkt in Regensburg trainiert und in Haar gespielt. Im Oktober 2011 endete meine Zeit bei der Bundeswehr. Im Januar 2012 ging ich nach Südafrika und landete dort bei einem guten Team. Der Kontakt kam über meinen alten Jugend-Nationaltrainer Georg Bull zustande. Dort wohnte ich bei einer Gastfamilie, die – mehr oder weniger – meine zweite Familie wurde. Nach 3 Monaten in Kappstadt kam ich zum Bundesliga Saisonstart zurück nach Deutschland. 2013 ging ich erneut für 3 Monate nach Südafrika. Anschließend begann mein Studium, wodurch ein längerer Aufenthalt in Südafrika nicht mehr möglich war. 2014 und 2015 bin ich dann jeweils nur für circa 6 bis 8 Wochen nach Kappstadt gereist. 2015 gewannen wir die südafrikanische Meisterschaft. Im Folgejahr absolvierte ich ein Auslandsemester in Kappstadt und gewann auch in dieser Saison die Meisterschaft in Südafrika.

Parallel begann meine Karriere in der Herren-Nationalmannschaft. 2014/15 war ich ‘sporadisch’ beim All-Star-Game eingeladen. Im Folgejahr bin ich im März direkt aus Südafrika zum WBC Qualifier nach Mexiko geflogen. Im September folgte dann meine erste Herren-Europameisterschaft in Holland. In den Jahren 2017 und 2018 haben wir mit der Nationalmannschaft an vielen kleineren Turnieren teilgenommen, u. a. Haarlem Baseball Week und Super-6 (beide in Holland). 2019 nahm ich an der 2-wöchigen EM-Vorbereitung in Japan teil. Im gleichen Jahr folgte die Europameisterschaft in Bonn und 2021 in Turin, Italien.

baseball-bundesliga.de: Werfen wir einen Blick auf die vergangene Bundesliga-Saison: Die Regular Season habt ihr als Dritter mit einem Win/Loss-Verhältnis von 19:6 abgeschlossen (u. a. ein Split gegen den damals amtierenden Deutschen Meister – die Heidenheim Heideköpfe). In den Play-Offs unterlagt ihr bereits in der 1. Runde dem späteren Finalisten – den Untouchables Paderborn – in der Best-of-5 Serie nur knapp mit 3:2. Wie zufrieden bist du persönlich bzw. seid ihr als Team mit der Saison? Was waren eure Ziele zum Saisonbeginn bzw. wurden diese erfüllt?

Lukas Steinlein: Der 3. Platz in der Regular Season mit diesem Win-Loss-Record ist für unser junges Team absolut zufriedenstellend. Ich glaube, da wäre dieses Jahr sogar nicht mehr drin gewesen. Aus Sicht des Vereins wurde das Ziel erreicht.

Die Disciples haben vor einiger Zeit die Vereinsstruktur verändert: Anstatt jedes Jahr neue Importspieler aus dem Ausland einzukaufen (in der Hoffnung, dass sie Leistung bringen), halten wir unsere aktuellen Importspieler jetzt längerfristig. Seit 2016/2017 haben wir einige Imports, die fest in München leben und hier zudem auch einem ganz normalen Job nachgehen.

Zudem bauen wir vermehrt auf junge Spieler. Gemeinsam mit unserem neuen Coach (seit 2020 im Amt) befindet sich das Team in einem kleine ‘Rebuild’. Seitdem wurden wir jedes Jahr etwas besser. Dieses Jahr ist absolut zufriedenstellen, nur leider das Ende sehr frustrierend. Ich persönlich glaube, wir hätten mehr erreichen können. Gegen Paderborn haben wir zweimal deutlich gewonnen und dreimal knapp verloren. Das ist sehr frustrierend, wenn man weiß, dass die Paderborner schlagbar sind.

baseball-bundesliga.de: Unter Baseball-Kennern wurde der Süden immer stärker bewertet als der Norden. In diesem Jahr hatten wir in der Bundesliga das erste reine Nordfinale seit 2005 (damals die Solingen Alligators gegen die Untouchables Paderborn). In den letzten 10 Jahren (2013-2022) kam der Deutsche Meister siebenmal aus dem Süden und nur dreimal aus dem Norden. Wie bewertest du grundsätzlich diese Einschätzung, dass der Süden stärker ist? Und wie bewertest du das Nord/Süd Verhältnis in der abgeschlossenen Saison 2022?

Lukas Steinlein: Aus meiner Sicht ist der Süden in der Breite stärker. Im Süden gibt es jedes Wochenende mehr Competition. In dieser Saison waren es sechs Teams, die bis zum Ende um die Playoffs gekämpft haben. Auch bei den beiden letztplatzierten Teams – Tübingen und Ulm – war es auf jeden Fall jederzeit möglich, dass sie den Top-Teams einen Sieg wegnehmen. Wir haben immer gehofft, sie mal einen Sieg gegen Heidenheim holen. Im Süden gab es wenig leichte Wochenenden. Meine Wahrnehmung von Norden ist, dass es dort oft sehr klare Ergebnisse gibt. Aus diesem Grund denke ich, dass der Süden etwas breiter aufgestellt ist. Aber die Top-Teams aus dem Norden wären natürlich auch im Süden oben dabei. Bonn beispielsweise ist ein absolutes Top-Team mit vielen Nationalspielern. Die Capitals sind Deutscher Meister 2022 und standen zudem in den vergangenen fünf Jahren im Finale.

baseball-bundesliga.de: Du spielst seit 2009 durchgehend in der 1. Bundesliga. In dieser Zeit hast du einige beeindruckte Stats gesammelt: 31 Wins (Disciples Club-Rekord), 487,1 Innings (Disciples Club-Rekord), 403 Strikeout (Disciples Club-Rekord). Mit 27 Saves bist du einer der erfolgreichsten Closer in der Bundesliga-Geschichte. Wie stolz bist du auf diese Werte?

Lukas Steinlein: Ich bin sehr stolz auf diese Stats. Das war viel Arbeit, die ich neben Schule, Studium und Job investiert habe. Aber das ist natürlich auch ein Erfolg des Teams. Wäre ich bei einem Team, welches viel verliert, dann könnte ich auch keine Wins und Saves sammeln. Ich bin aber auch stolz darauf, dass mir meines Coaches das Vertrauen geben und ich der Typ sein darf, der auf dem Mound den Save holt. Diesbezüglich hatte ich auch viel Glück. Gemeinsam mit Chris Dresel bin ich von Fürth über Ingolstadt nach Haar gegangen. Eigentlich war ich Shortstop – auch in der Nationalmannschaft. Doch irgendwie wurde ich schon seit meinem 13. Lebensjahr als Closer eingesetzt. Ich stand immer am Ende des Spiels auf dem Mound und das hat sich über die Jahre so durchgezogen. Es gab auch einige Jahre, in denen ich Starter war. Aber rein von der Mentalität bin ich der Typ, der lieber in kürzerer Zeit den vollen Einsatz gibt, als für längere Zeit auf dem Mound zu stehen.

baseball-bundesliga.de: Du trägst auf deinem Jersey die Nummer #1. Welchen Hintergrund hat die Wahl dieser Nummer?

Lukas Steinlein: Das hat eigentlich keinen wichtigen Hintergrund. Ich habe früher immer die #8 getragen. Bei der Junioren-Europameisterschaft 2009 wollten Kevin Kotovski und ich beide die #8. Damals mussten wir noch eine zweite Wunschnummer angeben. Da habe ich mich für die #1 entschieden und diese dann letztendlich auch erhalten. Seitdem trage die #1 und tue das auch sehr gerne.

baseball-bundesliga.de: Für dich hat die Off-Season der Bundesliga bereits begonnen? Welche Pläne hast du für die nächsten Monate?

Lukas Steinlein: Für mich ist die Saison seit Anfang August beendet. In den ersten 1 bis 2 Wochen habe ich nichts gemacht – nur frustriert auf der Coach gesessen. Ich habe das große Glück hier einen sehr guten Personaltrainer zu haben. Mit dem habe ich dann den weiteren Plan besprochen. Die Situation ist für mich ungewohnt, weil ich zum ersten Mal seit 10 Jahren eine längere Off-Season habe. Normalerweise kam immer noch die Vorbereitung mit der Nationalmannschaft, dann die Europameisterschaft, dann eine kurze Pause und schon war es November. Jetzt fliege ich erst einmal in den Urlaub und danach starte ich langsam wieder. Zu Beginn wird locker geworfen, damit die Bewegung drinbleibt. Zudem gehe ich weiterhin ins Fitnessstudio, um in Form zu bleiben. Richtig ernst wird es dann ab November, wenn auch das Teamtraining wieder startet.

baseball-bundesliga.de: Du bist aktuell 31 Jahre alt. Wie sind deine Pläne für die Zukunft? Wirst du in der kommenden Saison 2023 wieder im Bundesliga-Team der Disciples antreten?

Lukas Steinlein: Viele fragen mich mittlerweile schon, wann ich meine Karriere beende und wie meine weiteren Pläne sind. Ich selbst hatte mir hierzu bislang noch keine großen Gedanken gemacht. Eddy Stommel von den Bonn Capitals hat kürzlich seine Karriere beendet. Ich glaube, ich bin der letzte aus der 2006 Jugend-Nationalmannschaft, der noch aktiv in der 1. Bundesliga spielt. Das bringt mich schon etwas zum Nachdenken. Aktuell kann ich Baseball sehr gut mit meinem Job vereinbaren und außerdem habe ich immer noch viel Spaß daran. Dank meinem Fitnesstrainer geht es mir auch seit drei Jahren körperlich immer besser. Ich würde ungern meine Karriere voreilig beenden, es anschließend bereuen und dann wieder zurückkommen. Sollte irgendwann der Zeitpunkt kommen, an dem ich keine Lust mehr habe, dann werde ich aufhören. Aber aktuell ist es noch nicht so weit. Von daher ist der aktuelle Plan mich weiterhin zu verbessern und nächstes Jahr in der 1. Baseball-Bundesliga zu spielen.

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Veröffentlich von: Matthias Slovig. Matthias Slovig bei kontaktieren